Ich wurde an einem Fluss gefunden. Zumindest erzählte meine Pflege-Oma diese Geschichte. “Ein Weidenkind”, sagte sie, “man fand dich in einem Korb auf dem Fluss.” Ihre Worte klangen wie ein Märchen. Damit wollte sie mir keinen Trost spenden, sondern mich entmenschlichen. Für sie gehörte ich nicht dazu, sondern blieb ein Fremdkörper – da war ich 6 Jahre alt.
Das war mein erster bewusster Kontakt mit Ausgrenzung. Rassismus prägte mein Leben früh – als Pflegekind, als Mädchen mit dunkler Haut in einer weißen Familie. Die Welt draußen begegnete mir genauso nicht weniger freundlich.
In der Schule piekten mich die kleinen Bemerkungen wie Nadelstiche. Ein Mitschüler fragte: „Wird man so dunkel, wenn man im Dreck spielt?“ Ein anderer deutete auf meine Haare: „Kann man die überhaupt bürsten?“ Ich verstand die Tragweite dieser Worte damals nicht. Doch sie hinterließen sichtbare Spuren. Heute erkenne ich den Mikrorassismus darin. Das zu verstehen, macht es mir etwas leichter damit umzugehen.
In meiner Jugend stieg die Feindseligkeit. Menschen starrten mich an, wechselten die Straßenseite oder riefen mir Beleidigungen hinterher. Einmal schrie jemand: „Geh zurück in den Busch!“ Solche Momente zeigten mir immer wieder: „Du gehörst hier nicht her.“
Nicht weiß genug. Nicht schwarz genug.
Doch die Ablehnung kam nicht nur von außen. Auch in der schwarzen Community fühlte ich mich nicht willkommen. Dort erklärte man mich für “nicht schwarz genug”. Man beschimpfte mich als „Yellow“. Diese Worte verletzten mich auf andere Weise. Sie nahmen mir den Ort, an dem ich Zugehörigkeit suchte.
Der Schmerz, nirgendwo wirklich dazuzugehören, prägt viele Menschen mit gemischten Erfahrungen. Colorism verstärkt diesen Ausschluss. Innerhalb ethnischer Gruppen entsteht durch die Diskriminierung bestimmter Hauttöne ein zerstörerisches Gefüge. Colorism fördert eurozentrische Schönheitsideale und grenzt Menschen aus, die nicht in dieses Raster passen. Er trennt Gemeinschaften, die eigentlich zusammenhalten sollten.
Meine Botschaft: Hört zu, lernt, verändert.
Schaut genau hin. Welche eurer Worte, Witze oder Handlungen könnten Menschen ausschließen? Mikrorassismus wirkt oft unscheinbar, doch er verletzt tief. Du bist nicht allein. Deine Erfahrungen zählen. Es gibt Räume, die dich willkommen heißen. Colorism lässt sich abbauen. Empathie und Verständnis helfen dabei.
Ich habe gelernt, dass Identität kein Entweder-oder verlangt. Sie besteht aus vielen Teilen. Heute fühle ich mich nicht mehr „zwischen den Welten“, sondern trage beide in mir.
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