Das Buch Der Report der Magd von Margaret Atwood (und die darauf basierende Serie The Handmaid’s Tale sowie der Film Die Geschichte der Dienerin) schildert die düstere Vision einer dystopischen Gesellschaft, in der Frauen all ihrer Rechte beraubt werden. Der Schauplatz ist die fiktive Republik Gilead, ein totalitäres Regime, das sich aus den ehemaligen USA entwickelt hat. Hier hat extreme Umweltverschmutzung die Geburtenrate drastisch sinken lassen und weit verbreitete Unfruchtbarkeit verursacht. Um diese Krise zu bekämpfen, setzt Gilead auf eine fundamentalistische Regierung, die Frauenrechte vollständig abschafft und die Gesellschaft radikal umgestaltet.
In Gilead zählen fruchtbare Frauen als wertvollste Ressource. Man zwingt sie als „Mägde“ zur Fortpflanzung und behandelt sie wie Besitz der männlichen Elite. Diese dystopische Welt ist zwar fiktiv, doch ihre Grundprobleme – Umweltzerstörung, sinkende Geburtenraten, politische Radikalisierung – erinnern beunruhigend an unsere heutige Realität. Das Szenario stellt die Frage: Wie würde unsere Gesellschaft auf eine Krise dieser Größenordnung reagieren? Die Parallelen mahnen uns, aufmerksam zu bleiben, damit gesellschaftliche Krisen nicht zu Radikalisierung und der Einschränkung fundamentaler Freiheiten führen.
Kontrolle über den Körper und reproduktive Rechte
In Gilead fehlt Frauen jegliche Entscheidungsfreiheit über ihren Körper; ihre einzige Funktion ist die Fortpflanzung. Auch in der heutigen Realität begegnen wir diesem Motiv, vor allem in der Diskussion um reproduktive Rechte. In den USA hat die Aufhebung von Roe v. Wade 2022 Abtreibungen in vielen Bundesstaaten kriminalisiert, während Polen 2020 das Abtreibungsrecht verschärfte und selbst im Fall schwerer Fehlbildungen verbot. Diese Entwicklungen zeigen, dass Frauen in bestimmten Regionen weiterhin ihre Selbstbestimmung über den eigenen Körper verlieren.
In Deutschland bleibt das Thema Abtreibung ebenfalls kontrovers. Nach §218 StGB sind Schwangerschaftsabbrüche zwar straffrei, aber formal rechtswidrig. Die Pflicht zur „Beratung“ und der inzwischen abgeschaffte §219a, der Ärzt:innen das Informieren über Abtreibungen verbot, verdeutlichen, dass Frauenrechte hier weiterhin mit Einschränkungen belegt sind.

Religion und Patriarchat als Mittel der Kontrolle
In Der Report der Magd rechtfertigt eine extreme Auslegung der Bibel die Kontrolle über Frauen. Auch heute festigen patriarchale Strukturen oft ihren Einfluss, indem sie religiöse Texte nutzen. In Ländern wie dem Iran und Saudi-Arabien reglementiert die Scharia das Leben von Frauen. Vorschriften zu Kleidung, Bildung und Beruf sowie eingeschränkte Bewegungsfreiheit zeigen, wie Religion patriarchale Ordnungen stützen kann.
In Deutschland, obwohl offiziell säkular, prägen christliche Institutionen weiterhin gesellschaftliche Normen und Gesetzgebungen. Kirchliche Einrichtungen, wie etwa Krankenhäuser, verweigern oft Abtreibungen und lehnen umfassende Sexualaufklärung ab. Diese Beispiele verdeutlichen, dass auch in modernen, säkularen Staaten Religion traditionelle Rollenbilder aufrechterhalten kann.
Gesellschaftliche Erwartungen und Kleidervorschriften
In Gilead tragen Frauen je nach Rolle eine festgelegte Kleidung, die ihre Identität und ihren Status ausdrückt. Diese Uniformierung symbolisiert Kontrolle und Unterordnung. Ähnliche Vorschriften finden wir in Ländern wie dem Iran und Afghanistan, wo Hijab und andere Kleidungsstücke Pflicht sind. In Frankreich hingegen verbietet man religiöse Symbole in Schulen, was vor allem Frauen mit Kopftuch betrifft. Diese Regelungen verdeutlichen, wie Kleidung zur Kontrolle und Stigmatisierung genutzt wird.
In Deutschland gibt es zwar keine offiziellen Vorschriften, doch gesellschaftliche Erwartungen üben starken Druck aus. Frauen werden in der Öffentlichkeit oft nach ihrem Äußeren beurteilt. Besonders das Kopftuch führt immer wieder zu kontroversen Diskussionen und stigmatisiert oft die Trägerinnen.
Überwachung und soziale Kontrolle
Die Gesellschaft in Gilead ist von gegenseitigem Misstrauen und Überwachung geprägt. Jede Normabweichung führt zu Bestrafung, was die Angst und den Druck verstärkt, „richtig“ zu handeln. Totalitäre Staaten wie China und Nordkorea setzen ebenfalls umfassende Überwachungssysteme ein, um gesellschaftliche Normen durchzusetzen. Besonders Frauen sind hier von den Einschränkungen betroffen.
Auch in der digitalen Welt übernehmen soziale Medien eine ähnliche Kontrollfunktion. Frauen stehen unter ständiger Beobachtung und sehen sich oft Shaming und Hasskommentaren ausgesetzt, wenn sie gegen gesellschaftliche Normen verstoßen. Diese indirekte Überwachung schränkt ihre Entscheidungsfreiheit ein und verstärkt den Druck zur Selbstkontrolle.
Rechtliche und wirtschaftliche Ungleichheit
In Gilead besitzen Frauen kein eigenes Geld und sind vollständig von Männern abhängig. Diese finanzielle Abhängigkeit beschneidet ihre Freiheit erheblich. In Ländern wie Saudi-Arabien benötigen Frauen häufig eine männliche Zustimmung für finanzielle und rechtliche Entscheidungen. Viele Staaten erschweren zudem die berufliche und wirtschaftliche Gleichstellung von Frauen.
Auch in Deutschland bleibt der Gender Pay Gap ein anhaltendes Problem, das Frauen finanziell benachteiligt. Mechanismen wie das Ehegattensplitting fördern wirtschaftliche Abhängigkeit, indem sie Frauen zu Teilzeitarbeit und geringeren Einkommen drängen. Diese Faktoren verdeutlichen, wie strukturelle Ungleichheit auch in modernen Ländern fortbesteht.
Idealisierung der Mutterschaft und gesellschaftlicher Druck
In Report der Magd reduziert man die Rolle der Frau auf die Mutterschaft, und Frauen ohne Kinder gelten als wertlos. Auch in unserer Gesellschaft wird Mutterschaft oft als zentrale Rolle der Frau propagiert. Besonders in Ländern mit sinkender Geburtenrate, wie Japan oder Italien, lastet ein hoher Druck auf Frauen, Kinder zu bekommen. Frauen, die sich gegen Kinder entscheiden, begegnen oft Vorurteilen und gelten als unnatürlich oder egoistisch.
Wer keine Kinder möchte, sieht sich oft einer Stigmatisierung ausgesetzt. Diese Frauen gelten häufig als „egoistisch“ oder „unnatürlich“. Trotz Fortschritten bleibt die Vereinbarkeit von Familie und Beruf eine Herausforderung. Der gesellschaftliche Druck zur Mutterschaft ist tief verankert und beeinflusst Entscheidungen, die nicht immer den persönlichen Wünschen entsprechen.
Parallelen zur Realität – eine Mahnung aus der Fiktion
Der Vergleich verdeutlicht, dass Mechanismen zur Unterdrückung von Frauen weltweit weiterhin existieren – wenn auch subtiler und unterschiedlich stark ausgeprägt. Von reproduktiven Rechten bis hin zu wirtschaftlicher Ungleichheit und gesellschaftlichem Druck zeigt Der Report der Magd, wie wichtig es ist, sich den realen Ungleichheiten bewusst zu werden und für Frauenrechte einzustehen.
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