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ADHS mit Begabung

Es ist ein stiller Abend. Ich sitze am Fenster, schaue in den sternenklaren Himmel und spüre eine unbeschreibliche Unruhe in mir. Mein Geist ist wie ein unendliches Universum, in dem Gedanken wie Sterne aufleuchten und wieder verblassen. Warum bin ich anders? Diese Frage begleitet mich schon mein ganzes Leben.

Als Kind war ich immer das Energiebündel, das nicht stillsitzen konnte. Meine Lehrer sagten, ich sei intelligent, aber unkonzentriert. Meine Pflegemutter wussten nicht, wie sie mit meiner Rastlosigkeit umgehen soll. Freunde fanden mich spannend, aber auch anstrengend. Ich fühlte mich oft missverstanden, als würde ich in einer Welt leben, die nicht für mich gemacht ist.

Mit der Zeit lernte ich, dass ich ADHS habe – die Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung. Doch statt mich zu bremsen, schien sie mir Flügel zu verleihen. Meine Gedanken sprangen von einem Thema zum nächsten, immer auf der Suche nach neuen Reizen, neuen Erkenntnissen. Ich entdeckte, dass ich nicht nur hyperaktiv war, sondern auch eine Begabung in mir trug, die mich befähigte, komplexe Zusammenhänge schneller zu verstehen als viele meiner Altersgenossen.

ADHS-Begabung – zwei Worte, die für viele im Widerspruch stehen, für mich aber eine Einheit bilden. Mein Gehirn arbeitet anders. Es verarbeitet Informationen in einem rasanten Tempo, schafft es für andere scheinbar Unverbundenes logisch zu verknüpfen und findet kreative Lösungen dort, wo andere im Dunkeln tappen. Doch diese Gabe kommt mit Herausforderungen. Die Welt um mich herum erscheint oft langsam, geregelt und vorhersehbar, während in mir ein Sturm tobt.

Ich beginne langsam zu verstehen, dass mein Anderssein kein Fehler im System ist, sondern eine andere Art, die Welt zu erleben. Meine erhöhte Reizempfindlichkeit ermöglicht es mir, Details wahrzunehmen, die anderen entgehen. Meine Neugier treibt mich an, ständig Neues zu lernen und zu entdecken. Mein schnelles Denken erlaubt es mir, komplexe Probleme zu durchdringen und innovative Ideen zu entwickeln.

Doch warum fühlt es sich manchmal wie ein Fluch an? Die Gesellschaft erwartet Anpassung, Konformität und lineares Denken. Für jemanden wie mich, der in einem Netzwerk aus Ideen und Emotionen lebt, kann das erdrückend sein. Ich musste lernen, meine eigene Stimme zu finden und meinen Weg zu gehen, auch wenn er abseits der ausgetretenen Pfade liegt.

Heute weiß ich, dass mein anderes Denken eine Stärke ist. Es ermöglicht mir, über den Tellerrand hinauszuschauen, neue Perspektiven einzunehmen und kreative Impulse zu geben. Ich bin nicht “defizitär”, sondern einzigartig. Und ich glaube fest daran, dass die Welt Menschen wie mich braucht, um sich weiterzuentwickeln und zu wachsen.

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