Im Oktober 2024 verschärfte Russland seine Gesetze: Frauen unter 40 Jahren dürfen das Land nicht mehr ohne Genehmigung eines männlichen „Betreuers“ verlassen. Nur einen Monat später folgte ein weiteres Gesetz, das es verbietet, öffentlich über die Vorteile eines kinderlosen Lebens zu sprechen. Diese Entwicklungen wecken Erinnerungen an Margaret Atwoods „Der Report der Magd“. Dort werden Frauen systematisch unterdrückt, ihre Rechte beschnitten und ihre Freiheit drastisch eingeschränkt. Was in Atwoods Dystopie Fiktion ist, scheint in Russland Realität zu werden.
Kontrolle über Frauen als politisches Mittel
Russland zielt mit diesen neuen Gesetzen darauf ab, die Geburtenrate zu steigern. Frauen, die öffentlich für ein kinderloses Leben werben, drohen nun hohe Strafen. Einzelpersonen riskieren Geldstrafen von bis zu 400.000 Rubel (ca. 3.800 Euro), während Organisationen mit Strafen bis zu 5 Millionen Rubel (ca. 47.600 Euro) rechnen müssen. Diese Maßnahmen sollen den demografischen Rückgang im Land stoppen. Präsident Putin fordert seit Jahren, dass Frauen mehr Kinder bekommen, um die Nation zu stärken.
Doch die Gesetzgebung trifft die falsche Zielgruppe. Kritiker sehen die Ursachen der sinkenden Geburtenrate eher in wirtschaftlicher Unsicherheit und fehlender sozialer Unterstützung. Anstatt in familienfreundliche Strukturen zu investieren, kriminalisiert der Staat die Meinungsfreiheit.
Religion und Patriarchat als Kontrollelemente
Wie in Atwoods „Der Report der Magd“ nutzt Russland religiöse Ideologien, um Frauen zu kontrollieren. Die russisch-orthodoxe Kirche unterstützt die Betonung traditioneller Rollenbilder. Frauen sollen sich auf ihre Rolle als Mütter konzentrieren. Diese Gesetzgebung verstärkt diesen Druck und schränkt ihre Entscheidungsfreiheit ein.
Gesellschaftliche Kontrolle und Stigmatisierung
In Gilead überwachen und bestrafen die Behörden Frauen, um ihren Gehorsam zu erzwingen. Auch in Russland wächst die Überwachung. Das Verbot, über Kinderlosigkeit zu sprechen, erzeugt eine Atmosphäre der Angst. Frauen zensieren sich selbst aus Furcht vor Strafen.
Soziale Medien, einst ein Ort der freien Meinungsäußerung, verwandeln sich in ein weiteres Kontrollinstrument. Wer sich öffentlich für ein kinderloses Leben ausspricht, riskiert nicht nur rechtliche Konsequenzen, sondern auch gesellschaftliche Ächtung.
Mutterschaft als Pflicht
Wie in Atwoods Gilead reduziert auch Russland die Rolle der Frau auf die Mutterschaft. Frauen, die sich gegen Kinder entscheiden, gelten als unpatriotisch. Der Staat ignoriert dabei die realen Gründe für sinkende Geburtenraten: mangelnde finanzielle Sicherheit, fehlende Kinderbetreuung und geringe Unterstützung für Familien. Anstatt Lösungen zu finden, setzt Russland auf Zwang und Propaganda.
Warnung aus der Fiktion
Die neuen Gesetze in Russland verdeutlichen, wie schnell sich eine Gesellschaft zurückentwickeln kann. Was als Maßnahmen zur Förderung der Geburtenrate getarnt ist, zielt in Wahrheit auf die Einschränkung der Freiheit von Frauen ab. Atwoods „Der Report der Magd“ bleibt eine eindringliche Mahnung: Wenn wir nicht wachsam sind, können patriarchale Strukturen schnell an Einfluss gewinnen.
Die Freiheit, selbstbestimmt zu leben, ist ein kostbares Gut. Wir müssen uns dafür einsetzen, dass es nicht weiter eingeschränkt wird – weder in Russland noch anderswo.
Lies mehr in „Was Der Report der Magd uns über moderne Gesellschaften lehrt“ (veröffentlicht am Oktober 1, 2024)
Aktuelle Berichte über die Gesetzeslage in Russland (November 2024)